„Der Träumer“ – Vom Buch zur Veranstaltungsidee
Dieses sensibel erzählte und fantasievoll illustrierte Buch über eine Kindheit zwischen Poesie und Protest eignet sich hervorragend, um es in einer interaktiven Veranstaltung Kindern vorzustellen.
Wesentlich für die Entwicklung der Veranstaltung waren folgende Fragen:
Worin liegt die künstlerische Qualität des Buches?
Welche thematischen Schwerpunkte bieten sich für die Veranstaltung an?
Welche ästhetischen Signale des Buches inspirieren zur Veranstaltungsidee?
Antworten auf diese und andere Fragen gibt das Kunstlabor Literatur mit dieser digitalen Erzählung.
„Der Träumer“
von Pam Muñoz Ryan
mit Illustrationen von Peter Sís
Aladin Verlag, Hamburg 2014, 372 S.
eine Gruppe mit etwa 25 Schüler*innen ab 10 Jahre (Klassenstufe 4/5/6)
Die Veranstaltung benötigt zwei Durchführende.
- über die ästhetische Raumgestaltung als Abbild des Lebens des sammelnden Protagonisten (Objekte, Geräusche, Musik aus der literarischen Vorlage werden real erlebbar) nehmen die Schüler*innen den Helden und seine Geschichte mit allen Sinnen wahr
- sie erschließen die Sprache sinnlich-spielerisch, auch über Aufgaben, die zur Reflexion/zum Weiterträumen anregen
- sie inszenieren Rollenspiele, um zentrale Konflikte emotional erlebbar zu machen
- die Schüler*innen erschließen sich die Hauptfigur aus persönlichen, emotionalen Zugängen – alle individuell und verschieden. So schafft der Prozess der Buchentdeckung Empathie.
- sie stellen Fragen an das Buch, die zum Philosophieren einladen und die sie den anderen Schüler*innen vortragen
- die Schüler*innen „unterstützen“ den Protagonisten in seiner Resilienz gegen den übermächtigen Vater – und empfinden Genugtuung, dass der Protagonist tatsächlich ein berühmter Schriftsteller wurde (Pablo Neruda)
- die Schüler*innen setzen ihre Sinne gezielt ein, um über den inszenierten Raum die Hauptfigur zu erschließen
- sie stellen mit geeigneten Redemitteln Fragen und hantieren kreativ mit Textbausteinen
- sie tragen Inhalte und Reflexionen zum Buch kreativ gestaltend vor
- sie können Personen und literarische Figuren charakterisieren
- Motivieren zum Lesen des Buches durch
- Sensibilisieren für literarische und bildkünstlerische Mittel
- Entwickeln von Einfühlungsvermögen in literarische Figuren
- Erweitern des Sprachgefühls und -vermögens
Denkbar als:
- eine Veranstaltung zur Bucheinführung, Dauer: ca. 3,5 Stunden mit Pause
- mehrere, aufeinander aufbauende Veranstaltungen
Raum für:
- Arbeit in kleinen Gruppen
- große und kleine Requisiten
- großformatige Abbildungskopien
- Tanz und Bewegung
(ideal sind mehrere Räume)
„Der Träumer“ – Ein wunderbares Buch über die inneren Kräfte eines sensiblen Kindes
Chile, Anfang des 20. Jahrhunderts: Der ca. 8-jährige Neftalí geht mit staunenden Augen durch die Welt. Er erlebt die Wunder des Waldes, das Rauschen des Windes, den Duft des Regens. Ein Träumer sei er, meint der strenge Vater, deshalb auch klein und schwächlich. Doch liegt es in Neftalís Wesen, Dingen auf den Grund zu gehen, ihre Widersprüche und Geheimnisse zu ergründen. Kleine, unscheinbare Dinge erregen seine Aufmerksamkeit, er sammelt sie, bewahrt sie auf: einen alten Stiefel, eine Feder, einen Tannenzapfen. Allesamt Schätze, die eine Geschichte haben, die sich ihm vielleicht offenbaren wird. Der Junge liebt die Sprache, die Poesie, das Lesen, sammelt Wörter auf Zetteln … Er genießt die heitere familiäre Atmosphäre, wenn der Vater auf Reisen ist. Und leidet unter dessen Verboten umso mehr, ist dieser wieder daheim. Neftalí beobachtet die Menschen, verfolgt gespannt die Diskussionsrunden im Haus des Vaters. Mit zunehmendem Alter wachsen Neftalís Gerechtigkeitsempfinden und der Mut, für die eigene Meinung einzustehen. Der bewunderte Onkel, ein Zeitungsmacher, hinterfragt – nicht ohne Folgen – gesellschaftliche Verhältnisse, wie zum Beispiel die Ausbeutung der indigenen Mapuche. Irgendwann beginnt Neftalí für dessen Zeitung zu schreiben – mit Erfolg, doch unter Pseudonym. Es dauert noch Jahre, bis Neftalí sich dem despotischen Vater endgültig widersetzt, seinen eigenen Weg geht. Bis er als bedeutender und kämpferischer Poet weltberühmt wird – Pablo Neruda.
Pam Muñoz Ryan hat prägende Kindheitserlebnisse Nerudas wie den ersten Besuch im Regenwald in ihre sinnliche Biografie für Kinder gewoben. Angeregt durch Nerudas „Buch der Fragen“ steht an jedem Kapitelende eine solche („Welche Weisheiten flüstert der Adler denen zu, die gerade fliegen lernen?“). Erzählt wird ganz nah an Neftalí, an seiner Erlebniswelt. Den Leser*innen bleibt Raum und Zeit zum Nachdenken, für sensitives Nachempfinden. Das Erzähltempo beschleunigt sich in dem Moment, als Neftalí erstmals offen aufbegehrt. Den 12 Kapiteln („Ozean“, „Liebe“, „Feuer“, …) sind je drei filigrane Illustrationen von Peter Sís vorangestellt, Aspekte des Erzählten zeigend und möglicher assoziativer Einstieg für Veranstaltungen mit Kindern. Überhaupt ließ sich Sís bei seinen phantasievollen, pointilistischen Tuschezeichnungen von Nerudas Poesie beflügeln. Dessen Lieblingsfarbe Grün (die Farbe der esperanza, der Hoffnung) prägt die Gestaltung in Bild und Text des auch typografisch äußerst sorgfältig gestalteten, schönen Buches. Im Anhang finden sich biografische Informationen und ausgewählte Neruda-Texte. Ein wunderbar leises Buch über die inneren Kräfte eines sensiblen Kindes. Und ein Einblick in das Wachsen eines außergewöhnlichen Menschen.
Kathrin Buchmann, aus „Der Rote Elefant“ Nr. 32
„Seine Kunst ermöglicht eine eigene Interpretation.
Seine Kunst entzückt und inspiriert mich.
Die Geschichte bekommt durch sie eine andere Dimension.“
(Pam Muñoz Ryan zu den Illustrationen von Peter Sís)
Von der Idee zur Durchführung der Veranstaltung
Was entnehmen Kinder einer Installation, die ihre Sinne anspricht?
Wie verbinden Kinder Neftalís gesammelte Wörter aus der Schublade mit eigenen Gedanken?
Wie entwickeln sich Kinder zu empathischen Ratgeber*innen für Neftalí?
Welche Denkräume eröffnen sich Kindern über das Buch hinaus?
Das Kapitel beantwortet diese Fragen in Veranstaltungsmitschnitten und Interviews, mit Fotos, Zitaten und einem Erklärfilm, der die besondere Rolle der Raumeinrichtung verdeutlicht.
Neftalís Raum –
Was entnehmen Kinder einer Installation, die ihre Sinne anspricht?
Noch bevor die Kinder Näheres zum Buch, dessen Figuren und Handlung erfahren, erkunden sie den Raum und darin platzierte Objekte, die Nefatlí gesammelt haben könnte – mit Augen, Händen, Ohren, Nase oder Mund.
Sie suchen nach Wörtern, die Eigenschaften der Sammelstücke bezeichnen und präsentieren diese mit Stimme und Körper.
Neftalís Wörter –
Wie verbinden Kinder die Wörter aus der Schublade mit eigenen Gedanken?
Neftalís Notizen und die Illustrationen aus dem Buch regen einen Denk- und Schreibprozess an.
Neftalís Konflikt –
Wie entwickeln sich Kinder zu empathischen Ratgeber*innen literarischer Figuren?
Die Inszenierung eines kleinen Festes, das durch die Ankunft des Vaters gestört wird, lässt die Kinder nachempfinden, wie sehr Neftalí den Vater fürchtet, und verdeutlicht Neftalís Konflikt mit ihm. Anschließend vorgelesene Textstellen führen das schwierige Vater-Sohn-Verhältnis weiter aus. Dieses Erleben auf emotionaler und rationaler Ebene bereitet die Kinder darauf vor, später Neftalís Ratgeber*innen zu werden.
Neftalís Fragen –
Welche Denkräume eröffnen sich Kindern über das Buch hinaus?
Im letzten Teil der Veranstaltung erfahren die Kinder, dass es Neftalí wirklich gegeben hat und aus ihm später ein bedeutender Schriftsteller geworden ist: Pablo Neruda.
Die Schüler*innen lernen unter anderem dessen „Libro de las Preguntas“ („Buch der Fragen“) auf besondere Weise kennen.
Vom Anschauungsmaterial in die Unterrichtspraxis
Wie hat ein Berliner Lehrer die Veranstaltung zum Buch Der Träumer“ umgesetzt?
Welche Beobachtungen bei seinen Schüler*innen haben diesen Lehrer überrascht?
Und welche Grenzen und welche Freiheiten bei der Verbindung von Ästhetik und Rahmenplan hat er wahrgenommen?
In der Videogalerie beantwortet der Lehrer diese Fragen und beschreibt den gesamten Prozess.
Erfahrungen aus dem Transfer
Weiterführende Ideen
Einladung zum Ausprobieren – Lautmalerei erlesen
Spielen Sie mit!
Welche Abbildung gehört zu welchem Text?
Ordnen Sie die Lautmalerei in den Abbildungen den passenden Textstellen zu. Verbinden Sie dafür die schwarzen Punkte zwischen den Bildern und Textstellen. Bei richtiger Zuordung erscheint eine Illustration von Peter Sís.
Downloadmaterialien zur Durchführung einer eigenen Veranstaltung
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